György Reisch erinnerungen
Die Geburt einer ungewöhnlichen Partnerschaft...
In Dunaujvaros stand das Wecken, das Stärken, das Bauen einer Gemeinschaft und
das Organisieren der Gemeinde an erster Stelle - vor der physikalischen
Realitat des Kirchenbauens. Denn was macht man mit einem fertigen Gebäude,wenn
es keine Gläubigen/Gemeindemitglieder gibt, die es füllen, bewohnen, es als das
ihrige und als ihr seelisches Zuhause empfinden.- Und das umso mehr, da wir
nicht "nur" eine Kirche erbaut haben, sondern ein evangelisches Zentrum,
mitsamt einem Jugendhaus,einem Gemeindesaal und Gästezimmern. Es sollte also
ein Zuhause für alle Altersklassen sein.
Deshalb haben wir großen Wert auf den schulischen Religionsunterricht,den
Konfirmandenunterricht und die Konfirmation selbst (an der alle Jugendlichen ab
14Jahren teilnehmen durften) gelegt.Jedes Jahr an Pfingsten fand die
Konfirmation statt, die die Stärkung durch den Heiligen Geist
symbolisiert/symbolisierte, und die ein herausragendes Ereignis im Leben
unserer Gemeinde war.
Zur Vorbereitung auf die Konfirmation gehörte die Reise der Gruppe ins Ausland
ebenfalls dazu( um die Welt besser kennenzulernen, unser Europa zu sehen und
auf evangelische Schwester und Brüder zu treffen).- Damals, 10 Jahre vor
unserer EU-Mitgliedschaft.
Eben in diesem Jahr reiste eine Delegation von vier Mädchen(jungen Frauen) nach
England um dort diese Zeit bei Gastfamilien zu verbringen.
Die andere Gruppe trat ihre Fahrt mit zwei PKWs nach München an,um dort für zehn
Tage zu bleiben.
Letztere erlebte folgende abenteuerliche Begegnung unter Angehörigen der
christlichen Großfamilie.
Die Reise führte über Österreich durch wunderschöne Landschaften. Die Gipfel der
Alpen,ihre Bergseen,die vielen-vielen Tunnels und der Blick auf die Kirchtürme,
die sich selbst in den kleinsten Ortschaften in je unterschiedlicher Gestalt
gen Himmel streckten, lieferten den Teilnehmern unvergessliche Impressionen.
Nach einer kurzen Passkontrolle an der Grenze (damals gab es noch so etwas
zwischen Österreich und Deutschland) kamen wir gut gelaunt in Bayern an. Als
allererste Raststätte im Lande wählten wir uns das nahe an den Bergen gelegene
Ufer des Chiemsee. Wir hatten herrlichen Sonnenschein.Segelboote streiften
durchs Wasser, die vielen Schwäne und Enten schwommen in Ufernähe. Der
Nachmittag schien idyllisch. Die Konfirmanden konnten sich in Ruhe entspannen
(und sich von den Strapazen der Reise erholen). Die Fahrer der zwei Pkws (der
Pfarrer und der Kassierer der Geimeinde) machten während dessen einen
Wagen-Check. Mit Schrecken mussten sie feststellen, dass der Opel Kadett des
Herrn Kassierers in großem Maße Kühlflüssigkeit verlor. Sie wussten freilich
nicht was sie auf die Schnelle tun könnten. Genau in diesem Moment hielt ein
grün-weißer Streifenwagen neben den beiden an.Nach kurzer,höflicher
Fahrscheinkontrolle wurde ihnen mitgeteilt, dass der TÜV des Wagens mit dem
deutschen Kennzeichen (also der des Herrn Pfarrers) vor kurzem abgelaufen ist,
deswegen ist eine Weiterfahrt nicht möglich. Sie würden ihn deswegen bis zur
nächsten Ortschaft (Bernau) begleiten und ihm dort sein Nummernschild
entfernen.- Nach diesem doppelten Schicksalsschlag machte sich große Aufregung
in der Gruppe breit: Wie soll es denn nun weitergehen?/ Wo der Mensch keinen
Ausweg mehr sieht, da kann es sein das der Herr den richtigen Tipp gibt und der
Heilige Geist noch die guten Anregungen dazu/.
Die Autos wurden bis zur ersten Tankstelle in Bernau von der Polizei begleitet,
wo anschließend tatsächlich das Nummerschild des deutschen Wagens abgenommen
wurde. Doch an dieser Tankstelle gab es eine Werkstatt und sogar eine Stelle,
wo man sich ein provisorisches Kennzeichen zulegen konnte. Und es gab vor allem
hilfsbereite Menschen. Als sich der Prediger nach einer lutheranischen Gemeinde
im Ort erkundigt hat, erhielt er nicht nur deren Telefonnummer, sondern auch
den Namen des dort dienenden Pfarrers, den der ungarische Glaubensbruder anrief
und ihm das Vorgefallene und die schwierige Situtation schilderte:keines der
beiden Autos war fahrbereit und sie standen dort in der Fremde mit einer Gruppe
Konfirmanden unmittelbar vor dem Anbruch der Dunkelheit.- Lange Erklärungen
waren gar nicht nötig. Nach kurzer Zeit stand Herr Pfr. Sinn (wie ein
Schutzengel) mit dem VW-Bus der Gemeinde vor ihnen. Er brachte die jungen Leute
zum Endziel ihrer Fahrt, nach München, und die zwei Erwachsenen wurden über
nach vor Ort untergebracht.
Nach der Reperatur am Opel und dem Erhalt des provisorischen Kennzeichens
konnten wir uns mit einer riesigen,persönlichen Erfahrung der kleinen
vorgefahrenen Gruppe anschließen.Und dabei stellten wir fest, dass wir durch
Jesus Christus selbst in größten Schwierigkeiten auf hilfsbereite Christen
zählen können.- Und was für eine Erfahrung ist es in solch schwierigen Lagen
die geschwisterliche Hilfe zu spüren!
Nach all diesen Erlebnissen entstand zwischen den lutheranischen Gemeinden von
Aschau/Bernau und von Dunaujvaros/Kisapostag, nicht durch offizielle kirchliche
Organisation, sondern durch eine schicksalgegebene Situtation,durch die Führung
des Heiligen Geistes,der den richtigen Weg weist, eine Partnerschaft. Es war
eine Parnerschaft christlicher Geschwister geboren!(Und das alles 10Jahre vor
unserem EU-Beitritt!)Unsere beiden Gemeinden halten bis heute den Kontakt und
besuchen sich gegenseitig. Die Bernauer/Aschauer haben unser entstehendes
Evangelisches Zentrum besucht und wir wiederum durften samt einem Bus voll
Gemeindeglieder Gäste sein bei den bayrischen Lutheranern, die das Glück haben
in einer malerischen Kurlandschaft zu leben.
Durch die christlich-geschwisterliche Verbindung, durch das Kennenlernen der
Menschlichkeit, des Gemeindelebens, der Heimat und der Kultur des jeweils
anderen können wir uns selbst und uns gegenseitig stärken! Durch den Glauben
und durch die Liebe.
Georg Reisch
Pfarrer
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